Sonntag, 5. Juli 2009
Füttern eines Hungrigen durch den Strohhalm
Ich las gerade eine Buchbesprechung von Malcom Gladwell im „The New Yorker“ online: „Is free the future“, über den Trend zu Gratisdienstleistungen im Internet und den Zusammenbruch der Printmedien in den USA, als mich Vincent mein Sohn unterbrach und sagt: „stell dir vor Papi, allein im Juni sind im Iraq über 400 Menschen bei einem Attentat ums Leben gekommen“.
Er war gerade daran, sich durch den Stapel von NZZ Ausgaben durchzulesen, den er aus Zürich mit nach Graubünden gebracht hatte und für die er während der Woche keine Zeit fand, wegen allen möglichen Dingen und Beschäftigungen: Computer, Freunde, Hausaufgaben.
Es war übrigens nicht mein Stapel NZZ. Ich selber habe mein NZZ Abonnement schon lange gekündigt, weil ich die Nachrichten online beziehe, kostenlos und breiter abgestützt. Es war die NZZ, die ihm meine Tochter zum reduzierten Studententpreis abonniert hat.
Gemäss Alter und Verhalten ist Vincent ein typischer Digital Native, ausgerüstet mit Laptop, Handy und einem reichen Set an Computer Software, vernetzt mit der ganzen Welt. Als Leser eines Printmediums, und dann noch der NZZ gilt er allerdings als Digital Immigrant, wenn nicht sogar Fugitive.
Zeitunglesen hat er im Tram gelernt, bei 20 Minuten. Doch heute mag er 20 Minuten nicht mehr. Er vergleicht 20 Minuten mit dem Füttern eines Hungrigen durch einen Strohhalm.
Ja vielleicht wird die gedruckte Zeitung eines Tages verschwinden, nicht aber der Hunger nach Wissen, nach Information und dieser Durst wird eine Gratiszeitung oder ein billiges Online Produkt niemals befriedigen können. Qualität wird immer gefragt sein. Qualität gibts nicht zum Nulltarif.
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