Montag, 20. April 2009
Die enttäuschten Kronprinzen
Martin entschuldigte sich bei mir und sagte beim Herausgehen: „Weisst du, ich habe geglaubt, ich wäre auf dem Sprung zu einer grossen Karriere. Alles war klar für mich für die nächsten 10 Jahre. Ich war mir sicher, ich wäre der nächste Ospel. Und jetzt, nach meiner Entlassung fühle ich mich als ob ich von einer Axt getroffen wurde und weiss nicht, was nächste Woche ist, geschweige denn diesem Sommer. Ich habe alles verloren: meinen Job, mein Geld, mein Auto, meine Freundin“.
Nach diesem Gespräch dachte ich mir: wir leben tatsächlich auf einer einer Bruchstelle zwischen zwei Welten, die sich wie die Pazifische und Nordamerikanische Platte vor San Francisco übereinanderschieben und so die Erdbeben auslösen.
Da ist einmal der „I want - I can - I do Spirit“ der 2000-iger Jahre, wo wir dank Wohlstand und Web geglaubt haben, Kronprinzen und Kronprinzessinnen zu sein und kurz vor der Ernennung zum König stehen oder zumindest zum Mister Schweiz, zur Miss Ägerital, zum Mann des Jahres, zum Werber des Jahres, zum Reichsten Schweizer, zur Unternehmerin des Jahres. Und nachdem Platz für alle da war, verlief dies alles friedlich und organsiert.
Wir haben uns auf ein Set von Prinzipien geeinigt; auf etwas Kapitalismus, aber nicht zuviel, etwas sozial, aber nicht zu viel. Etwas grün, aber nicht übertrieben und Konsum, wenn möglich fair und ohne Umweltbelastung.
Wer immer seln Geld auf einem Sparbüchlein angelegt hat, galt als Verlierer. Wer nicht auf Facebook sein Ego vergrösserte oder sich in den Pausen auf youtube einloggte, galt als Flüchtling der Neuzeit, und wer nicht auf tillate zu den Schönen und Begehrten gehörte als Outsider. Die Dating Services haben uns alle virtuell attrakiv und begehrenswert gemacht.
Es sah aus, als ob die technischen Möglichkeiten und Features uns der Erhebung in den Adelsstand der Gewinner näher bringen würde.
Die Finanzkrise hat dann das Beben verursacht und uns brutal aus unseren Träumen gerissen. Schmerzhaft werden wir uns bewusst, dass diese Features weder unserer Karriere beschleunigt, noch bereichernde Freundschaften gebracht, noch unsere Kasse gefüllt haben. Wir sind nicht Könige geworden, wir waren nie Kronprinzen, nicht mal Prinzen, bloss gewöhnliche Menschen, die weiterkommen wollen.
Es wird uns klar, dass es nicht das Internet ist, das uns weiterbringt, nicht der neue Mac, nicht die schnellere Software, nicht unsere Fotos auf Tillate, nicht ein Logarithmuss, nicht ein neuer komplexer Hedgefund. Es sind immer noch dieselben Werte die schon vor Hundert Jahren Erfolg versprochen haben: Intelligenz, Neugierde, Ausdauer, die Fähigkeit zur Auseinanderserzung, die Fähigkeit Zuneigung zu zeigen, Treue, Zuverlässigkeit, Kreativität, echte Freundschaften.
So hat dieses Beben einen Vorteil. Es lässt uns wieder zurückbesinnen, auf die echten Werte, die schon seit Jahrhunderten gelten und universellen Bestand haben.
Es gibt eben keine Abkürzung zur Vollendung. Think
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
kurt, du hast recht mit den enttäuschten Kronprinzen und -prinzessinnen! Nicht nur der König war nackt . Wir stehen alle da mit unseren Hermès Taschen... die keine Feigenblätter sind! Haben wir die Wahl, uns neue Klamotten auszusuchen? Sollen es neue Stiefel sein ? 7 Meilenstiefel damit wir in das nächste Märchen einsteigen können. Oder kehren wir zurück zu den Fragen des Lebens? Echte Freundschaften, Liebe, Zärtlichkeit, austauschen, nachdenken,spielen: wir sollen wieder trainieren, um ein Mensch zu sein. Schluss mit den Attrappen.
Kommentar veröffentlichen