Dienstag, 12. Mai 2009

Gewalt im Heidiland.















Die Bahnstation von Grüsch könnte ohne viel Brimborium als Kulisse für einen Heidifilm herhalten: Idylle pur, der kleine Bahnhof, eine Barriere, im Hintergrund die Bündnerberge. Der Bahnhof von Grüsch ist auch der Treffpunkt der Jugendlichen. Sonst gibt es hier nichts. Kein Kino, keinen DVD Shop, keine Disko, dafür 2 Coiffeure mit Salon im Wohnzimmer, 2 Beizen und ein Café für Senioren.
Manchmal, wenn man mit dem Auto durchfährt, zieht ein stechender Haschgeruch ins Auto. Die Jugendlichen in Grüsch unterscheiden sich in Nichts von Jugendlichen aus Zürich, ausser so scheint es mir, dass sie in der Oeffentlichkeit mehr kiffen und mehr rauchen. Letzten Samstag taumelte ich wieder einmal etwas verträumt aus dem roten Züglein in Grüsch und wähnte ich mich gleich in einer Filmszene zur Westside Story, allerdings ohne den Charme, ohne die schönen und durchtrainierten Körper von Dutzenden von professionellen Tänzern und Ballerinas. Wäre ein Messer im Spiel gewesen, hätte es in Grüsch Tote gegeben. Protagonisten des Spektakels waren ein Einheimischer, der ohne Aufhebens 10 Laibe Käse hätte hochstemmen können und ein Skelett aus Kosovo. Der Käser war nach wenigen harten Faustschlägen ein Häufchen Elend und seine Freunde verfrachteten ihn in seinen aufgemotzten Mazda, in den er sich fluchend aber erleichtert schieben liess, während sein Gegner den Sieg mit einer fetten Tüte roten Libanesen feierte.
Solche Geschichten habe ich häufig gehört, bis jetzt aber nie selber erlebt. Meist passiert das auf dem Land, wo Gangs von Osteuropäern die lokalen Jugendlichen drangsalieren. Will man diese Schläger bei sich in der Klasse haben? Natürlich nicht. Es wäre aber gerade die Schule und eine Vision im Leben, welche sinnlose Gewalt verhindern könnte.
An einer Tagung der Jacobs Foundation zum Thema Jugend und Migration ist man der Frage des Bildungsstandes von Einwanderen nachgegangen, in einem weltweiten Vergleich. Es wird klar, dass Kanada gemäss Pisa Studie nicht bloss eines der besten Schulsysteme hat, sondern dass es auch gelingt, die Schulleistung vom soziodemografischen Hintergrund unabhängig zu machen, wo also Ausländerkinder bessere Chancen zur Integration und zum Erfolg haben als in anderen Ländern. In der Schweiz stehen wir da im Hintertreffen.Die schulische Leistung hängt vom Herkunftsland ab. Kinder aus Deutschland und Nordeuropa weisen teilweise bessere Leistungen als Schweizer Kinder aus, während Schüler aus Südeuropa meist schlechtere Leistungen bringen und häufig in Sonder- und Abschlussklassen abgeschoben werden. Wir kennen also eine Form der Segregation einer frühen Auslese, wo man die Schüler schon mit 12, wenn sie noch nicht ausgereift sind, einer Triage unterzieht. Sie bleiben auf der Strecke. Dass es eine Kongruenz gibt zwischen Gewalt und Schulbilding, dafür braucht es wohl keine Forschung der Jacobs Foundation. Ist also Gewalt vorprogrammiert? Mehr darüber in einem nächsten Blog.

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