Donnerstag, 23. April 2009

Sind wir bloss Schimpansen?












Ich habe im Zug an meinem heutigen Blog geschrieben, als mich ein älterer Herr anspricht: „Sind Sie Journalist“?

„Nicht schlecht geraten, aber was ähnliches. Ich arbeite in der Werbung“.

„Aha, Sie haben also diese Ideen, die man dann im Fernsehen vor der Tagesschau sieht! Ich selber bin überhaupt nicht kreativ“.

Dies höre ich fast jede Woche einmal. Für mich tönt das so ungeheuerlich, als ob jemand zu mir sagen würde, er wäre ein Schimpanse. Dabei müsste man richtigerweise sagen. Ich bin zwar kreativ, nutze diese Fähigkeit aber zu wenig, ja ich lass es sogar zu, dass diese verkümmert.

Es ist nicht bloss die Moralvorstellung, die uns von den Tieren unterscheidet, die Fähigkeit Gesetze zu erfassen und Abtrünnige zu bestrafen, oder Dingen eine Bedeutung zu geben, die sie nicht haben, zum Beispiel einen amerikanischen Hummer zu fahren, in der Meinung, besonders männlich zu wirken.

Nein. Es ist die Fähigkeit kreativ und innovativ zu sein, die das Menschsein ausmacht. Oder würden Sie über Ihren Hund sagen; Schatz, unser Struppi hat heute nachmittag die Idee gehabt, statt den Hundebisquits unser Kaninchen zu fressen?

Die Wissenschaft tut sich sehr schwer mit der Frage, ab welchem Zeitpunkt wir den Schritt vom Tier zum Menschen vollzogen haben, dabei lässt sich dies auf Stunden und Minuten festlegen. Es ist der Moment, wo ein Raubtier seinen Instinkt überwinden konnte und eine eigene unverschämte Idee hatte: zum Beispiel die, statt selber einer Antilope hinterherzujagen, dies dem Weibchen zu überlassen und sich stattdessen ins duftende Steppengras zu legen und dem Summen der Insekten zu lauschen.

Diese Entdeckung war wie eine Befreiung, welche den Weg frei zum Beispiel die Entzündung des Feuers und Jahrtausend später zum Beispiel die Biotechnologie.

Mit diesem Ereignis, an diesem Tag, fand der Wandel vom Tier zum Menschen statt, und gleichzeitig wurde die nachhaltigste und kraftvollste Energiequelle erschlossen, die auch nach Jahrtausenden noch freudig und ergiebig sprudelt.

3 Kommentare:

isabelle hat gesagt…

PETER SLOTERDIJK in seinem neuesten Buch "Du musst dein Leben ändern" nützt auch das Beispiel der Affe, um seine Theorie der Menschwerdung zu artikulieren und fragt sich dabei, wie es dazu kommt, dass der Mensch am aktuellen Ende seiner Entwicklung sowohl zoologische Gärten als auch Zirkusse einrichtet. - Vermutlich meint er, weil er an beiden Orten das vage Gefühl bestätigt findet , er könne an ihnen etwas über sein eigenes Sein und Werden in Erfahrung bringen.
Wie verwandt sind wir noch mit den Shimpansen?

Gilbert hat gesagt…

Ich finde den Inhalt dieses Bloggs ein bisschen evolutionistisch, weil er zu stark zwischen Tier und Mensch unterscheidet und den Menschen auf eine viel höhere Stufe der Entwicklung stellt.

Das Humangenomprojekt, das beweisen konnte, dass 98% der Gene des Menschen und des Bonobos (einer Zwerschimpansenart)identisch sind, beweist, dass keine so starken Unterschiede zwischen Tier und Mensch existieren.

Auch was die emotionalen, kognitiven und kreativen Aspekte betrifft, ist man in der heutigen Ethiologie (Verhaltensforschung) zur Erkenntnis gelangt, dass keine so klare Abgrenzungen zwischen Tieren und Menschen gemacht werden dürfen.

Dies gilt nicht nur für Menschenaffen, wie die Bonobos, sondern auch für intelligente Vögel aus der Rabenfamilie, wie Krähen, Elstern und Raben, welche enorme kognitive Leistungen erbringen und ein hohes Mass an Kreativität und Einfallsreichtum an den Tag legen, wenn darum geht, einen Leckerbissen vor einem Artgenossen zu verbergen, oder so zu verstecken, dass der andere ihn nicht erwischt.

Natürlich ist die Kreativität beim Menschen in einem grösseren Mass ausgebildet als beim Tier und ich bewundere etwa die Schöpfungen von Komponisten. Aber schlussendlich ist diese Fähigkeit zur Kreativität im Verhältnis zum Tier nur eine graduelle und k e i n e exklusive Eigenschaft des Menschen.

Kurt Schmid hat gesagt…

ja Gilbert, du magst recht haben, ich habe erstaunliches gehört über Raben und ihre Fähigkeiten, "Werkzeuge" einzusetzen, um an Nahrung heranzukommen. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass man Raben zu der Gattung Menschen zählen sollte.

Eben Menschen mit Schnäbeln. :-)