Sonntag, 26. April 2009

Tod einer Untröstlichen
















Susan Sontag starb am morgen des 28, Dezember 2004. Ihre letzten Worte waren: „ist David da?“. Dann: „Ich will dir sagen...“ zu mehr kam sie nicht mehr. Sie war 71 als sie starb.

David Rieff ist der Sohn des Popstars unter den amerikanischen Intellektuellen. Sie war schön und hipp. Eine Prinzessin der Bohémiennes. In seinem berührenden Buch, „swimming in a sea of death“ erzählt er in einer fast schon schmerzenden Aufrichtigkeit die letzten qualvollen Monate von Susan Sontag, einer Frau, die sich ihr Leben lang vor nichts fürchtete, die wie Jane Fonda im Vietnamkrieg Hanoi besuchte und die nordvietnamesische Bevölkerung mit viel Sympathie beschrieb und die mehrere Monate im besetzten Sarajevo verbrachte. Als Präsidentin des amerikanischen Pencenters hat sie sich furchtlos für Salman Rushdie eingesetzt, gegen den muslimische Fundamentalisten eine Fatwa aussprachen, die es jedem Muslim erlaubte, Rushdie niederzustrecken

Sie hat das Leben geliebt und in vollen Zügen genossen, ohne sich den gängigen Moralvorstellungen zu unterwerfen. Ihre Liebesbeziehung zu Annie Leibowitz, die als Fotografin der Rolling Stones Weltruhm erlangte, hat sie offen gelebt.

Doch als ihr Dr A. erklärte, dass sie an einer der tödlichsten Leukämieformen erkrankt sei, für die es keine Behandlungsmethode gäbe, brach Susan zusammen.

Sie hielt sich ihr ganzes Leben für etwas Besonderes und stützte sich auch in dieser Situation auf die Hoffnung, dass es irgendeine Behandlung geben müsste, welche zumindest ihr Leben so lange verlängern würde, bis eine Methode gefunden würde, die ihr Leben nochmals um einige Monate verlängern würde, wo dann allenfalls die Medizin auch diese Krankheit hätte besiegen können.

Und sie, die in allen Belangen unerschütterlich war, versank in Angst und Tränen. Sie die in allen Bereichen ihres Lebens Klarsicht bewiesen hat, verlor jedes Augenmass. Sie wollte nicht akzeptieren, dass sie sterblich ist und mutete sich jede noch so schmerzhafte Therapie zu, auch wenn sie noch so aussichtslos war.

Was mich an der Erzählung von David, um den Tod seiner Mutter berührt, ist ihre tiefe Menschlichkeit, die schonungslose Offenlegung ihrer Widersprüchlichkeit und damit unserer Widersprüchlichkeit. Wir alle können in einem Feld Helden sein und in andern Situation gewöhnlich und armselig werden. Hinter jedem Helden und jeder Heldin steckt ein ängstliches Wesen.

Gleichzeitig lese ich die vielgepriesen Biografie über den Mediamogul Rupert Murchoch,„the man who owns the news. Was für eine blutleere, oberflächliche, distanzierte Heldenverehrung.

Friedrich Nietzsche hat das Biografie-Phänomen folgendermassen beschrieben. „Welcher kluge Mann schriebe heute noch ein ehrliches Wort über sich? - Er müsste denn schon zum Orden der heiligen Tollkühnheit gehören.“

David Rieff, der Sohn von Susan Sontag gehört zu den wenigen Tollkühnen, auch wenn er sich selber nicht schont und sich als schwach, ängstlich und hilflos beschreibt.

1 Kommentar:

isabelle hat gesagt…

Könnte es sein , dass authentisch sein gerade heldenhaft wirken kann? Wir haben sicher Susan Sontag ihr ganzes Leben lang bewundert, ihr letzte Kampf gegen den Tod, ihre Untröstlichkeit bringen sie uns näher, viel näher als die schönen, die kritischen, die mutigen Seiten. Sie ist beide gewesen, eine mutige Frau und ein verletzter ängstlicher Mensch. All das zusammen macht sie gross.