Dienstag, 2. Dezember 2008

Ein Muffin für Zwei

Unser Staatswesen funktioniert fast reibungslos. Unsere Institutionen werden immer besser, effizienter, fast ohne unser Dazutun. Ab und zu erleben wir eine Krise; den e-bubble, die Finanzkrise, den 11. September, Irak, Darfour. Aber auf unsere Anspruchshaltung hat dies keinen grossen Einfluss. Uns geht es gut in der Schweiz. Wir haben eine der reichsten Volkswirtschaften, mit guten öffentlichen Schulen, effizienten Verkehrsmitteln. 

Viele von uns sind aufgrund einer Laune des Schicksals gerade in diesem reichen Land zur Welt gekommen. Die Wahrscheinlichkeit in den Slums von New Delhi oder Mumbai oder als Landarbeiter in irgendeiner chinesischen Provinz geboren zu werden, ist signifikant grösser. 
Dieses Leben hat allerdings einen Hacken, der anfänglich - wie das Rauchen - nicht auffällt. Es ist langfristig ungesund. Wir sind nicht mehr schöpferisch. Wir haben unsere Anliegen an die Experten delegiert; die Politiker, die Medienschaffenden, die CEO's in der Wirtschaft, so dass wir uns dafür umso intensiver um unsere eigenen Anliegen kümmern dürfen. Wir wissen aber alle, dass dieser Rückzug unseren Lebensraum schrumpfen lässt und belangloser macht. 

Ich habe in New York Amie getroffen. Sie hat gerade ihr Wirtschaftsstudium angefangen und erzählte mir, dass sie kürzlich einen Obdachlosen getroffen hat, wie er hungrig in das Schaufenster eines Lebensmittelgeschäftes geschaut hat. Sie hatte gerade einen Muffin gekauft und freute sich, diesen zu verschlingen. Bisher habe sie geglaubt, Obdachlose wären Sache der Behörden. Doch an diesem Abend hat sie anders gedacht und gefragt: "are you hungry?" und hat ihm ihren Muffin geschenkt. Der Mann hatte jetzt einen Muffin, die Amie aber Freude über diesen Abend hinaus. Wer weiss, vielleicht hat dieser Muffin gar ihr Leben verändert.

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